Rundblick (15)

Der Blätterwald raschelt. Nein, es ist schon ein Rauschen, und da fällt es schwer, hinterherzukommen. Immerhin: Es ist ein Kontrast zu dem, was man die meisten Tage des Monats so geboten bekommt. So reich wurden wir im Sommerloch nie zugekleistert. Aber teilweise vermisse ich Substanz. Echte Substanz. Also solche, die der BILD generell abgeht.

„Wagner“ hat mal wieder Pest Post geschrieben. Zu Matthias Platzeck und seiner Koalitionsaussage bezüglich der Linken. Dass der Axel-Springer-Verlag sehr linientreu „konservativ“ ist (manchmal auch rechts davon), ist ja kein großes Geheimnis. In gewohnter Bemühung um Subtilität (er lobt die Schönheit Brandenburgs) holt er mal wieder die „Linke-Ex-SED“-Keule aus dem Schrank. Ob er sich wohl noch dran erinnern kann, dass seine CDU mal einen Ex-Nazi zum Bundeskanzler machte? Zu dem sei eines mal angeregt: Wird ein Befürworter des Türkei-Beitritts zur EU jemals ein hohes Amt in der CDU bekleiden? Wird ein Mindestlohn-Befürworter jemals ein hohes Amt in der FDP bekommen? Wohl kaum. Aber Kiesinger soll ohne Zustimmung zur NSDAP-Ideologie zum stellvertretenden Leiter der Rundfunkpolitischen Abteilung aufgestiegen sein, obwohl er antijüdische Aktionen gehemmt und verhindert habe?

Wo wir gerade beim Thema sind: Die Bundesbank hat Thilo Sarrazin (SPD) entmachtet. Seine Funktion im Vorstand ist nunmehr die, die einem nicht möglichen Rausschmiss am nächsten kam. Und das ist gut so. Ich kenne die Verhältnisse in Berlin nicht. Ich weiß nicht, wie es da im Zusammenleben zwischen Türken, Arabern und dem Rest so klappt. Oder ob überhaupt ein Zusammenleben stattfindet. Ich weiß nicht, ob er Recht hat. Aber eines ist sicher: So, wie es Sarrazin dargestellt hat, wandelte er nicht zum ersten Mal haarscharf daran vorbei, in seiner Parteizugehörigkeit das „S“ gegen das „N“ zu tauschen. Und mit seinem Vokabular hat er auf einem wirklich verantwortungsvollen und repräsentativen Posten der Bundesbank nichts verloren. Auch wenn Ralph Giordano ihm beipflichtet. Aber das ist auch kaum überraschend. Er scheint seit jeher Muslime im Allgemeinen als das Böse auf Erden zu betrachten. Inwieweit das seiner Herkunft und Glaubenszugehörigkeit geschuldet ist, kann ich nicht beurteilen. Ich persönlich halte ihn für einen Menschen jenes Schlages, deren Existenz sich allein auf der Verfolgung der Juden gründet und der deshalb auch gar kein Interesse daran hat, dass Juden und Muslime friedlich miteinander auskommen. Sonst hätte er ja nichts mehr zu sagen…

Es wäre interessant, von ihm zu hören, wie er über die Abmahnungen des Fußball-Zweitligisten FSV Frankfurt denkt. Der hatte drei muslimische Spieler abgemahnt, weil die sich erdreisteten, im Ramadan zu fasten. Auch wenn der FSV – den ich wegen des würdelosen Umgangs mit der Frauenfußball-Abteilung für einen der beschissensten Vereine Deutschlands halte – feststellt, dass die Spieler nicht wegen des Fastens, sondern wegen einer nicht erfolgten Abstimmung mit dem Verein abgemahnt wurden, halte ich die Reaktion für überzogen. Es ist ja nun nicht gerade so, dass die Spieler eingekauft wurden und dann *plopp* wie Kai aus der Kiste damit rausplatzten, sie seien Muslime. Und die Zeiten des Ramadan stehen sogar bei Wikipedia. Wer 1 + 1 zusammenzählen kann, ohne ein anderes Ergebnis als 2 herauszubekommen, sollte den Zusammenhang erkennen können. Und wer sich um die Gesundheit seiner Spieler sorgt, sollte wissen, wann bei denen religiös bedingt das Fasten losgeht.

Zwar hat der FSV nicht unbedingt Unrecht, wenn er darauf verweist, dass er auch die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Spieler im Auge haben muss. Aber ich würde das als Trainer ganz einfach lösen: Wenn ich Spieler habe, an deren maximaler Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit ich durch das Fasten so meine Zweifel habe, setze ich die für die Zeit des Fastens nötigenfalls auf die Tribüne und verhänge ein abgespecktes, an die Belastungen angepasstes Trainingsprogramm. Die Spieler müssen selbst wissen, ob ihnen die Religions- oder Berufsausübung wichtiger ist. Das hat nichts mit Diskriminierung gläubiger Spieler zu tun, sondern mit Ernährung. Niemand würde eine Diskriminierung auch nur in Erwägung ziehen, ginge es um Spieler, die sich täglich von McDonald’s, Burger King oder Kentucky Fried Chicken ernähren würden.

Fasten soll ja ganz heilsam sein. Das wäre dann wohl Herrn Nonnenmacher und den HSH-Nordbank-Finanzen zu empfehlen. Was da abläuft, ist unfassbar. Ende 2007 sollen laut Berichterstattung Verlustgeschäfte in Höhe von 500 Millionen Euro von Nonnenmacher und Rieck genehmigt worden sein. Vorbei an der BaFin. Ich würde die CDU-Ministerpräsidenten von Hamburg und Schleswig-Holstein, Ole von Beust und Peter Harry Carstensen, gern mal fragen, ob sie Nonnenmacher ernsthaft große Teile ihres persönlichen Vermögens zur Verwaltung überlassen würden. Die Antwort kann ich mir denken. Bin gespannt, was aus den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Untreue wird…

Probleme mit dem Gesetz haben ja auch die Zwillinge Deilmann. Nicht genug damit, dass die vom Papa übernommene Reederei aus Neustadt in Holstein in schwere Fahrwasser geglitten ist, nun gab es auch noch eine Steuerrazzia, weil die zum Jahresende eingestellte Flusskreuzfahrt-Sparte der Reederei angeblich keine Sozialabgaben für tschechische Leiharbeiter entrichtet habe. Irgendwie kriege ich in dem Zusammenhang was nicht aus dem Kopf…

Jaja, das liebe Geld. Das Beste, was ich habe. Deswegen wollen ja auch so viele mein Bestes. Der HVV zum Beispiel, der zum 1.1.2010 mal wieder die Preise anzieht. Ich zahle dann für mein Großbereichs-Monatsticket 72,50 €. Noch vor drei Jahren kostete die Karte 67,40 €. Das macht eine Preiserhöhung von knapp 7,6 Prozent! Bei den Strecken, die ich fahre, muss ich wohl mal dringend überlegen, ob das noch lohnt. Und jetzt kommt der Witz: Wer höchstens einmal im Monat beim Schwarzfahren erwischt wird, fährt deutlich billiger…

In Lübeck hat sich die Betreibergesellschaft des Herrentunnel entschieden, die Bionade-Taktik anzuwenden: Sinkende Einnahmen mit Preiserhöhungen zu kontern. Neuer Preis ab 1.1.2010: 1,30 € statt 1,20 € für eine einfache Durchfahrt. Nach der Eröffnung fuhren täglich 21.000 Fahrzeuge zu 90 Cent hindurch, jetzt nur noch 11.000 bei 1,20 €. Wenn man eine proportionale Entwicklung unterstellt, sind es Ende 2010 nur noch um die 8.000 Fahrzeuge. Waren es anfangs noch 18.900 Euro Einnahmen pro Tag, sind es aktuell 13.200 Euro, Ende nächsten Jahres sind es vielleicht nur noch 10.400 Euro. Ja, liebe Herrentunnel-Betreiber, Ihr seid auf dem richtigen Weg – in die Pleite und die Übertragung des Herrentunnels an die Stadt. Quasi zum Nulltarif…

Herzlichst,
Euer Fuxi